Abschiede – Didaktischer Kommentar

Abschiede – Didaktischer Kommentar

Das Davor und Danach

Das Modul „Abschiede” findet in der Regel in der zweiten Hälfte des Gesamtkursablaufs statt. In diesem Fall ist die Gruppe bereits über mehrere Treffen zusammen gekommen und es besteht eine Vertrauensbasis, die für die Öffnung für sensible Themen wie Abschied, Tod und Sterben notwendig ist.

Im Jahreskreis könnte es seinen Platz im Zusammenhang mit den „Festen im Herbst“ (Totensonntag/Ewigkeitssonntag) haben oder im Zusammenhang mit den „Festen im Frühjahr“ (Passionszeit-Jesus stirbt).

Unabhängig davon liegt eine inhaltliche Voraussetzung für dieses Modul in der Teilnahme am Modul: „Kursbeginn” und „Basics Religion”.

Vorüberlegungen

„Große” und „kleine” Abschiede werden im Alltag der Kindertagesstätte immer wieder zum Thema. Sei es bei Eingewöhnungen, in Trennungssituationen, die Kinder erleben, oder auch in Bezug auf die Abschiede von Schulkindern, die die Einrichtung verlassen. Abschiede beinhalten existenzielle und religiöse Tiefendimensionen, die im Kontext einer religionssensibel gestalteten Alltagspraxis wahrgenommen werden müssen.

Abschiede werden – so berichten es Kursteilnehmende immer wieder – in der Praxis häufig klein geredet oder verdrängt. So scheint es vermeintlich leichter, mit ihnen umzugehen. Vielen Teilnehmenden fällt der Umgang mit Abschieden selbst schwer. Dies gilt im besonderen Maß für endgültige Abschiede, den Umgang mit Tod und Trauer.

Für die Entwicklung der Kinder in Kindertageseinrichtungen kann dies nachteilig sein, besonders wenn sie in ihren Emotionen allein gelassen werden. Anders herum können Kinder nur dann lernen, in Abschiedssituationen bewusst zu agieren, wenn sie hierfür Anregungen und Unterstützung erhalten.

Für viele Eltern ist das Thema Abschied oft selbst mit Tabus belegt und von eigenen starken Emotionen begleitet. Dies wird beispielsweise bei dem Abschied vom eigenen Kind in der Eingewöhnungsphase deutlich. Gleichermaßen gilt dies in Bezug auf endgültige Abschiede, die mit eigenen Verlusterfahrungen verbunden sind. Oft fällt es Eltern schwer, ihre Kinder angemessen in die Situation einzubeziehen. In einem Umfeld, in dem explizite religiöse Orientierungen eine untergeordnete Rolle spielen, ist die Sprachlosigkeit über Abschiede und auch über ein „Danach“ häufig besonders ausgeprägt.

Von Fachkräften, die eine RPQ durchlaufen haben, wird in den Einrichtungen erwartet, dass sie in Situationen des Abschiedes angemessen agieren und beispielsweise Rituale des Übergangs initiieren können. Daraus ergeben sich Stellenwert und Umfang des Moduls.

Aus der Praxis

  1. In einer Einrichtung werden seit vielen Jahren Streifenhörnchen gehalten. Sie sind die Einrichtungsmaskottchen und den Kindern sehr wichtig. Jede Woche kümmert sich eine Gruppe um die Versorgung der Tiere. Ein Tier ist nun schon alt und wird vermutlich nicht mehr lange leben. In einer Fortbildung erzählt eine Teilnehmerin, dass sie eine Absprache getroffen haben: Der Frühdienst soll immer zuerst nach dem Tier schauen und es „entsorgen“, wenn es gestorben ist. Die Kinder sollen ja nichts mitbekommen.
  2. Mia kommt am Morgen völlig aufgelöst in die Einrichtung. Die Mutter entschuldigt sich sogleich und berichtet der Erzieherin in der Garderobe, dass Mias Kuscheltuch verschwunden ist.
  3. Nach einem Morgenkreis sagt Max scheinbar unvermittelt: „Mein Opa ist gestorben, der wurde dann in einen Sack gepackt und verbuddelt.“ Lukas steigt sofort mit ein: „Meine Oma ist auch gestorben, die wurde aber verbrannt.“
  4. In einer Kita haben Kinder eine besondere Beschäftigung entwickelt: Jeden Tag schauen sie, ob sie im Garten ein totes Tier finden, um Beerdigung spielen zu können. Eltern kommen und beschweren sich, was die Kinder denn da machen dürften.

Kompetenzentwicklung

Selbstkompetenz

  • Die Teilnehmenden können die eigenen Erfahrungen zum Umgang mit dem Thema ausdrücken und für den Arbeitskontext reflektieren.
  • Sie können eigene Abschiedsprozesse und die der Kinder unterscheiden und unterschieden wahrnehmen.

Fachkompetenz Wissen

  • Die Teilnehmenden kennen entwicklungspsychologische Konzepte, die für das Thema bedeutsam sind und können diese anwenden.
  • Sie kennen Phasen der Trauer und Aspekte der Trauerbegleitung.
  • Die Teilnehmenden kennen Perspektiven unterschiedlicher Religionen auf das Thema „Tod”.

Fachkompetenz Fertigkeiten

  • Die Teilnehmenden können Fragen nach Abschied, Tod und Sterben mit Kindern, Eltern und im Team kommunizieren.
  • Sie können didaktisch reflektiert Medien und Rituale in Bezug auf das Thema Abschied einbringen.
  • Die Teilnehmenden können das Potenzial des Materialkoffers des PTI zum Thema Abschied, Tod und Sterben für den eigenen Arbeitskontext beurteilen.
  • Sie können Rituale im Übergang reflektiert einbringen.

Individuelle Produkte/ Leistungen

Bilderbuchempfehlung, Projektanalyse, Lerntagebuch.

Workload im Modul: insgesamt 16 AE

Literaturempfehlungen

Grundsatzliteratur

  • Marie Farm: Wie lange dauert Traurigsein? 2014

Für einen Büchertisch

  • Margit Franz: Tabuthema Trauerarbeit. Kinder begleiten bei Abschied, Verlust und Tod. 2008
  • Stephanie Witt-Loers: Trauernde Jugendliche in der Familie. 2012
  • Gertrud Ennulat: Kinder trauern anders. Wie wir sie einfühlsam und richtig begleiten. 2012
  • Christine Reitmeier, Waltraud Stubenhofer: Bist Du jetzt für immer weg? Mit Kindern Tod und Trauer bewältigen. 1998
  • Literatur für einen Bilderbuchtisch

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